Kaltakquise im B2B: Was ist erlaubt? Praxisleitfaden
Du willst neue B2B-Kunden gewinnen – aber rechtskonform. Hier erfährst du, welche Kanäle du 2025 in Deutschland nutzen darfst, wo Einwilligungen Pflicht sind und wie du Kaltakquise so planst, dass Chancen > Risiken sind.


Was ist Kaltakquise im B2B – und warum ist Rechtssicherheit so wichtig?
Kaltakquise bedeutet, potenzielle Geschäftskunden ohne bestehende Beziehung anzusprechen – klassisch per Telefon, heute zusätzlich per E-Mail, LinkedIn-Nachricht oder sogar per Video-Pitch. Das Ziel: Bedarf wecken, ein Erstgespräch vereinbaren, Termine qualifizieren. Das Problem: Nicht jeder Kontaktkanal ist ohne Weiteres zulässig. In Deutschland schützt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor unzumutbarer Belästigung. Gleichzeitig regelt die DSGVO, auf welcher rechtlichen Basis du personenbezogene Daten verarbeiten darfst. Wer die Regeln ignoriert, riskiert Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und Imageschäden – oft schon nach einer einzigen Nachricht. Die gute Nachricht: Mit klaren Prozessen ist rechtskonforme Kaltakquise machbar.

Rechtsgrundlagen: DSGVO vs. UWG – wie greifen beide ineinander?
DSGVO (Datenbasis)
Die DSGVO regelt, ob und wie du personenbezogene Daten verarbeiten darfst. Für Direktwerbung kommt oft berechtigtes Interesse in Frage (Erwägungsgrund 47). Das heißt: Du darfst Daten nutzen, wenn deine Interessen die Interessen der Betroffenen überwiegen und du Transparenz, Widerspruchsmöglichkeiten und Datensparsamkeit sicherstellst.
UWG (Kontaktweg)
Das UWG entscheidet, welche Kontaktkanäle du ohne Einwilligung nutzen darfst. Bei Telefon, E-Mail oder Direktnachrichten gelten strenge Regeln. Verstöße sind unlauter und können abgemahnt werden. Wichtig: DSGVO ersetzt UWG nicht – du brauchst beides im Blick.
- DSGVO: Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung (z. B. berechtigtes Interesse, Einwilligung).
- UWG: Regeln für die Ansprache (z. B. Telefonwerbung, E-Mail-Werbung).
- Beides muss passen – sonst drohen Abmahnungen & Bußgelder.
Kanal-Guide 2025: Telefon, E-Mail, LinkedIn-DM, Brief & mehr
Kanal | Status im B2B | Kernbedingung | Praxis-Hinweis |
---|---|---|---|
Telefon | Nur in Ausnahmefällen ohne Einwilligung | Mutmaßliche Einwilligung erforderlich | Immer Call-Reason dokumentieren; Robinsonlisten beachten |
Grundsätzlich nur mit Einwilligung | Ausnahme: Bestandskunden-Privileg (§ 7 Abs. 3 UWG) | Double-Opt-In + Opt-out-Link + Absender-Transparenz | |
LinkedIn/Xing-DM | Wie E-Mail: Einwilligung notwendig | Vernetzung ersetzt keine Einwilligung | Erst Content/Events, später Opt-in anbieten |
Briefpost | Meist zulässig (berechtigtes Interesse) | Transparenz + Widerspruch respektieren | Saubere Datenquelle nennen, keine sensiblen Daten |
Fax/SMS | In der Regel unzulässig ohne Einwilligung | Scharfe UWG-Vorgaben | Meiden; Alternativen nutzen |
„Rechtskonforme B2B-Akquise ist kein Bauchgefühl, sondern ein sauber dokumentierter Prozess: Einwilligungen, kanalbezogene Regeln und ein klarer Widerspruchs-Workflow sind Pflicht.“
Mutmaßliche Einwilligung am Telefon: Was heißt das konkret?
Die „mutmaßliche Einwilligung“ ist eine enge Ausnahme: Ein Werbeanruf ohne ausdrückliches Opt-in kann zulässig sein, wenn objektiv erwartet werden durfte, dass der Angerufene genau diesenAnruf für genau dieses Angebot begrüßt. Das setzt eine klare Branchennähe, einen aktuellen, konkreten Anlass und ein erkennbares Interesse voraus (z. B. jüngste RfQ-Ausschreibung, öffentlich bekundeter Bedarf, messerscharfe Zielgruppenzuordnung). Bloße generische Relevanz („wir sind auch im B2B-Softwaremarkt“) reicht nicht.
Beispiele & Gegenbeispiele
- Eher zulässig: Du rufst die technische Leitung eines produzierenden Betriebs an, weil der Betrieb in einer öffentlichen Ausschreibunggenau eine Maschine sucht, die du in Serie liefern kannst.
- Eher unzulässig: Kaltanruf bei einer allgemeinen info@-Nummer ohne Anlass, nur weil das Unternehmen in derselben Branche tätig ist.
- Grenzfall: Du reagierst auf eine konkrete Messe- Gesprächsanfrage – dann liegt eher eine Einwilligung vor, wenn der Kontakt ausdrücklich um Rückruf gebeten hat.
Bestandskunden-Privileg bei E-Mails: Bedingungen & Beispiele
Du darfst Bestandskunden ähnliche eigene Produkte per E-Mail bewerben, wenn alle Bedingungen erfüllt sind:
- Adresse wurde im Zusammenhang mit einem Verkauf erhalten (nicht nur Lead-Magnet).
- Es geht um eigene, ähnliche Produkte/Dienstleistungen.
- Bei Erhebung und bei jeder E-Mail gibt es eine klare Opt-out-Möglichkeit.
- Es liegt kein Widerspruch vor; Absender ist transparent.
Beispiel-Formulierung Opt-out-Hinweis
„Du erhältst diese E-Mail, weil du bei uns [Produkt/Dienstleistung] gekauft hast. Wir informieren dich über ähnliche Angebote aus unserem Portfolio. Du kannst dem jederzeit widersprechen – klicke dazu auf ‚Abmelden‘ oder schreibe uns an datenschutz@deinefirma.de.“
Praxis-Checklisten: Einwilligung, Nachweise, Widerspruch & Logging
Einwilligungen (Opt-in)
- Explizit, granular (Kanal), freiwillig, informiert, dokumentiert
- Double-Opt-In inkl. Zeitstempel, Hash/Token, IP (Beweis)
- Transparente Zwecke; kein vorangekreuztes Kästchen
- Einfacher Widerruf (1-Klick-Abmeldung); sofortige Wirkung
Widerspruchs- & Sperrlisten
- Opt-out-Events zentral erfassen (E-Mail, Telefon, Post)
- Werbesperrdateien pflegen; Team und Tools synchronisieren
- Keine Re-Aktivierung ohne erneutes Opt-in
Transparenz & Dokumentation
- Datenschutzhinweise aktuell; Rechtsgrundlagen je Kanal erläutern
- Call-Reason-Logs (Telefon), DOI-Protokolle (E-Mail), Opt-out-Historie
- Source-of-Lead (Messe, Webinar, Download) nachvollziehbar
- Nur notwendige Daten nutzen (Datensparsamkeit)
- Datenquellen bei Postwerbung angeben
- Aufbewahrungsfristen definieren und automatisieren

Leitfaden: Rechtskonformen Akquise-Prozess in 7 Schritten bauen
- Zielgruppenschärfe herstellen – ICP definieren, Branchenlisten prüfen, Fremddaten nur aus seriösen, transparenten Quellen nutzen. Prüfe Werbewidersprüche vor Erstkontakt.
- Kanalstrategie festlegen – Telefon nur mit tragfähigem Anlass; E-Mail/DM nur mit Opt-in; Post für Erstkontakt erwägen. Füge Opt-in-Mechanismen in alle Touchpoints ein.
- Rechtsgrundlagen dokumentieren – berechtigtes Interesse (Interessenabwägung) oder Einwilligung sauber herleiten; Kommunikationskanal-Regeln daneben festhalten.
- Consent & Logging aufsetzen – Double-Opt-In, Event-Tracking für Opt-outs, Call-Logs, zentrale Sperrlisten. Rechte der Betroffenen (Auskunft, Löschung, Widerspruch) operationalisieren.
- Templates & Leitfäden – kurze, hilfreiche Ansprache, kein Druck, klare Mehrwerte, sofortige Opt-out-Option. Für Telefon: 30-Sekunden-Pitch + Einwilligungsfrage für Follow-ups.
- Training & Qualitätssicherung – Roll-Plays, Einwandbehandlung, rechtliche Do’s&Don’ts; Stichproben, Vier-Augen-Prinzip für Listenexporte.
- Review & Audit – Beschwerden und Abmeldungen monatlich prüfen, Prozesse nachschärfen, Policy-Updates kommunizieren.
Risiken, Abmahnungen & typische Fehler – und wie du sie vermeidest
Typische Fehler
- „Wir sind vernetzt, also darf ich werben“ – falsch.
- Bestandskunden-Privileg ohne echten Kauf genutzt.
- Kein DOI-Nachweis, fehlende Opt-out-Links.
- Generische Telefon-Listen ohne Anlass.
- Widersprüche nicht systemweit gesperrt.
So vermeidest du Ärger
- Immer Kanalregeln prüfen (UWG) & Datenbasis dokumentieren (DSGVO).
- Einwilligungen nachweisbar speichern und versionieren.
- Jede Nachricht mit klarer Abmelde-Option versehen.
- „Reason-Why“ für Telefonate schriftlich festhalten.
- Reklamationen innerhalb von 48 h final bearbeiten.
Praxisbeispiele, Vorlagen & Formulierungen
Telefon – Einstiegssatz (mit Anlass)
„Hallo Frau Müller, hier ist [Name] von [Firma]. Ich rufe an, weil Sie letzte Woche in Ihrer Ausschreibung ausdrücklich eine [Kategorie]-Lösung angefragt haben. Darf ich Ihnen in 30 Sekunden erklären, wie wir dasselbe bei [Referenzkunde] gelöst haben – und dann entscheiden Sie, ob ein Termin sinnvoll ist?“
Opt-in-E-Mail nach Event/Webinar
„Danke für deine Teilnahme am Webinar ‚[Titel]‘. Wenn du künftig ähnliche Insights und Einladungen erhalten möchtest, bestätige bitte kurz dein Einverständnis: [Bestätigungs-Button]. Du kannst dich jederzeit mit einem Klick abmelden.“
Brief – Aufbau (Erstkontakt)
- Klarer Nutzen in der Betreffzeile (kundennah)
- 1–2 Belege (Zahlen/Case), kein Marketing-Buzzwording
- Konkreter nächster Schritt (z. B. QR zum Opt-in oder Terminbuchung)
- Transparenz: Datenquelle + Widerspruchsmöglichkeit (kurz)
FAQ
Ist telefonische Kaltakquise im B2B generell erlaubt?
Nur in engen Grenzen: Gegenüber Unternehmen ist ein Werbeanruf ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung nur dann zulässig, wenn eine sogenannte mutmaßliche Einwilligung angenommen werden kann – also wenn mit einem Anruf konkret zu rechnen war (z. B. bei eindeutigem, aktuellem Interesse und klarer Branchennähe). In der Praxis ist das selten der Fall.
Darf ich ungefragt E-Mails an Firmenadressen senden?
Nein, werbliche E-Mails ohne vorherige Einwilligung sind grundsätzlich unzulässig – auch im B2B. Eine Ausnahme gilt nur für das Bestandskunden-Privileg (§ 7 Abs. 3 UWG), wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind (eigene ähnliche Produkte, Adresse bei Verkauf erhoben, klarer Opt-out, kein Widerspruch).
Wie sieht es mit LinkedIn/Xing-Direktnachrichten aus?
Direktnachrichten mit Werbecharakter gelten wie E-Mails und sind ohne Einwilligung unzulässig. Ein bloßer Kontakt oder eine Vernetzung ersetzt keine Einwilligung.
Ist Briefwerbung erlaubt?
Ja, postalische Werbung ist in der Regel zulässig (berechtigtes Interesse), solange keine Widersprüche bestehen, die Datenquelle transparent ist und sensible Daten tabu bleiben. Respektiere Werbewidersprüche und Robinsonlisten.
Reicht ‚berechtigtes Interesse‘ nach DSGVO für Kaltakquise?
Für die Datenverarbeitung kann berechtigtes Interesse grundsätzlich tragen. Aber für den Versandkanal gelten zusätzlich die strengeren Spezialregeln des UWG (z. B. Einwilligungspflicht bei E-Mail). DSGVO ersetzt UWG also nicht.
Welche Beweise brauche ich für eine Einwilligung (Opt-in)?
Du solltest Einwilligungen nachweisbar dokumentieren (Zeitstempel, Quelle, Zweck, Double-Opt-In-Protokoll). Ohne Beleg riskierst du Abmahnungen und Bußgelder.
Kurzfazit
Kaltakquise im B2B – was ist erlaubt? Telefon nur mit tragfähiger mutmaßlicher Einwilligung, E-Mails und Social-DMs grundsätzlich nur mit Opt-in, Briefwerbung meist zulässig. DSGVO (Datenbasis) und UWG (Kanalregeln) greifen ineinander. Wer Einwilligungen, Opt-outs und Dokumentation konsequent umsetzt, betreibt planbare, rechtssichere B2B-Akquise.
Möchtest du Blogartikel für dein B2B-Angebot einführen?
Unsere KI schreibt Expertenartikel und identifiziert anonyme B2B-Leser für dein Sales-Team.
Mini-Glossar - Die wichtigsten Begriffe zu B2B-Kaltakquise
Begriff | Erklärung |
---|---|
Mutmaßliche Einwilligung | Enge Ausnahme bei Telefonwerbung im B2B: Der Anruf ist nur zulässig, wenn ein konkreter Anlass besteht und der Angerufene damit rechnen durfte. |
Bestandskunden-Privileg | Erlaubt E-Mail-Werbung für eigene ähnliche Produkte an Bestandskunden, wenn alle Bedingungen (Erhebung bei Verkauf, Opt-out, Transparenz) erfüllt sind. |
Double-Opt-In (DOI) | Zweistufiges Bestätigungsverfahren, das Einwilligungen nachweisbar macht (z. B. Link in Bestätigungs-E-Mail). |
Berechtigtes Interesse | DSGVO-Rechtsgrundlage, die Direktwerbung grundsätzlich zulassen kann – eine Interessenabwägung und Transparenz bleiben Pflicht. |
Werbesperrdatei | Interne Liste, die Widersprüche gegen Werbung kanalübergreifend respektiert und erneute Kontaktaufnahme verhindert. |
Über den Autor

Überprüft von: findbar Redaktion – Fachreview Content & Rechtstext-Kohärenz. Website
Quellen & weiterführende Studien
- § 7 UWG – Unzumutbare Belästigungen (gesetze-im-internet.de): https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/__7.html
- § 7a UWG – Einwilligung in Telefonwerbung (gesetze-im-internet.de): https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/BJNR141400004.html
- BGH, VI ZR 721/15 – Unerbetene Werbe-E-Mails (dejure.org): https://dejure.org/2017%2C9951
- IHK München – Marketing per E-Mail, Telefon, Brief etc.: https://www.ihk-muenchen.de/ratgeber/recht/werbung-fairer-wettbewerb/marketing-per-email-telefon-brief-etc/
- IHK Köln – Werbung per Telefon, Brief und E-Mail: https://www.ihk.de/koeln/hauptnavigation/recht-steuern/werbung-per-telefon-fax-und-e-mail-5224338
- OLG Hamm, 18 U 154/22 – Werbe-Nachrichten über Social-Media: https://www.dr-bahr.com/news/werbe-nachrichten-ueber-social-media-dienste-wie-xing-linkedin-oder-x-sind-ebenfalls-unzulaessiger-s.html
- Datenschutzkonferenz – Orientierungshilfe Direktwerbung (PDF): https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/DSK/Orientierungshilfen/DSK_20181107_Orientierungshilfe_Direktwerbung.pdf
- DSGVO – Erwägungsgrund 47 (dsgvo-gesetz.de): https://dsgvo-gesetz.de/erwaegungsgruende/nr-47/